Freiheit oder Sozialismus: VBW wird nicht gemeinnützig

Der Rat der Stadt Bochum hat gestern mit großer Mehrheit den Antrag der Linksfraktion abgelehnt, die mehrheitlich städtische VBW auf gemeinnützige Ziele zu verpflichten. Nach einer überraschend hitzigen Debatte stimmte am Ende nur die Linke für ihren eigenen Antrag. Der Mieterverein hat sich die Sache angehört. Ein Kommentar.

Man könnte es eigentlich nicht glauben, wenn man es nicht schon so oft erlebt hätte: Immer, wenn jemand, der politisch ein bisschen links vom Gros der etablierten Parteien steht, etwas vorschlägt, was auch nur ganz leicht in Richtung Dirigismus zielt oder auch nur die Ziele eines Unternehmens näher definieren will, geht ein Aufschrei durch eben diese etablierten Parteien, dessen Vokabular stark an die “Freiheit oder Sozialismus” -Mottenkiste der 70er Jahre erinnert.

Für Felix Haltt (FDP/Stadtgestalter) würde die VBW in einen VEB (Volkseigener Betrieb, gab es in der DDR) verwandelt, wenn man sie auf gemeinnütziges Verhalten festlegen würde. Peter Reinirkens (SPD) sprach von “Planwirtschaft” und Roland Mitschke (CDU) von “sozialistischen Vorstellungen” der Linken.

Zur Erinnerung für die, die zu jung (oder zu alt) sind, um sich daran erinnern zu können: Die Wohnungsgemeinnützigkeit war ein Gesetz der Bundesrepublik Deutschland, das Wohnungsunternehmen Steuerfreiheit versprach, wenn sie im Gegenzug in allen ihren Wohnungen nur eine Miete verlangten, die die Kosten deckte, wenn sie sich in ihrer Geschäftstätigkeit ausschließlich auf das Bauen und Vermieten von Wohnungen beschränkten und wenn sie maximal 4 % Rendite an ihre Anteilseigner ausschütteten. Das Gesetz wurde Ende 1989 abgeschafft und bescherte dem damaligen Finanzminister Stoltenberg Steuermehreinnahmen von noch nicht einmal 1 Mrd. DM. Ein Jahr später brach die größte Wohnungsnot seit der Zeit des Wiederaufbaus aus.

Gemeinnützig zu sein war kein Status für Exoten. Nahezu die gesamte Wohnungswirtschaft, zumindest alle größeren Unternehmen, waren damals gemeinnützig, auch die VEBA Wohnen, Vorgängerin des heutigen DAX-Konzerns Vonovia. Und selbstverständlich auch alle kommunalen Wohnungsunternehmen, auch die VBW.

Die Wohnungsgemeinnützigkeit hat den Wiederaufbau und das Wirtschaftwunder nicht nur begleitet, sondern überhaupt erst möglich gemacht. Sie war kein sozialistisches Teufelswerk, sondern “guter, alter, rheinischer Kapitalismus” aus der Zeit vor der Globalisierung. Aber Geschichte kann man ja umschreiben, wenn sie nicht zur eigenen Ideologie passt.

Aichard Hoffmann