Wohngipfel mit spärlichen Ergebnissen

Wie von Kritikern befürchtet ist bei dem großangekündigten “Wohngipfel” im Bundeskanzlerinamt nicht viel Neues herausgekommen. Etliche der verkündeten Beschlüsse standen bereits im Koalitionsvertrag. Spannender war der “alternative Wohngipfel” von Mieterbund, Gewerkschaften und Sozialverbänden, der am Tag davor ebenfalls in Berlin stattfand.

Bundesbauminister Horst Seehofer sprach von einem “ganz starken Signal”, dass von diesem Wohngipfel ausgehe. Worin das bestehen soll, ist allerdings nicht ganz so leicht zu entdecken. Folgende Ergebnisse wurden nach dem nur 2-1/2-stündigen Spitzentreffen von Politik und Verbänden bekannt:

  • Der Bund will den Kommunen mehr Grundstücke für den Wohnungsbau preiswert überlassen – das stand allerdings schon im Koaltionsvertrag.
  • Der Bund will bis 2021 100.000 neue Sozialwohnungen fördern und zu diesem Zweck die Verfassung ändern – auch das stand bereits im Koaltionsvertrag der GroKo.
  • Zur Förderung des Mietwohnungsbaus soll es mehr Steuerabschreibungen geben – ohne eine Deckelung der Mietpreise ist das ein fragwürdiges Rezept.
  • Zur Förderung des Eigentums wird ein Baukindergeld in Höhe von 12.000 € pro Kind eingeführt – dies trat bereits vor dem Gipfel in Kraft und ist eine fatale Fehlsubventionierung. Es fördert nicht den Wohnungsbau für Bedürftige, sondern die Vermögensbildung von Besserverdienenden.
  • Eine Musterbauordnung soll Baugenehmigungen beschleunigen – immerhin.
  • Die Datenbasis für Mietspiegel soll von 4 auf 6 Jahre verbreitert werden – auch das stand bereits im Koalitionsvertrag, nur die Zahl “6” ist neu. Der Mieterbund fordert 10 Jahre.
  • Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in Milieuschutzgebieten soll erschwert werden – von denen es aber nicht viele gibt.
  • 2020 soll das Wohngeld erhöht werden – um wieviel wurde nicht gesagt. Die letzte Wohngelderhöhung war 2016. Das ist erst 4 Jahre her. Da gab es in der Vergangenheit schön längere Abstände. Von einer Dynamisierung des Wohngeldes, wie der Mieterbund sie seit Ewigkeiten fordert, vielleicht gar von einer Koppelung an die Inflationsrate, ist weiterhin keine Rede.

Und das war’s dann auch schon.

Weil ähnlich magere Ergebnisse im Vorfeld erwartet worden waren, hatten der Deutsche Mieterbund, der DGW, der Paritätische, der Sozialverband VdK, die BAG Wohnungslosenhilfe und das #Mietenwahnsinn Bündnis am Vortag zu einem “alternativen Wohngipfel” ebenfalls nach Berlin geladen. Mehr als 200 Teilnehmer aus allen Teilen der Republik diskutierten in 15 Arbeitsgruppen über “Mietrecht neu denken”, “Planung von unten”, “Wohnen für Alle” und “”Gemeinwohlorientierte Wohnungswirtschaft”. Sie entwickelten dutzende Forderungen, die am Folgetag, parallel zum offiziellen Gipfel, der Öffentlichkeit bei einer Demontration mit gut 2000 Teilnehmern präsentiert wurden.

Themen und Inhalte des alternativen Wohngipfels sind hier zu finden.

Zu Beginn der Veranstaltung führte Dr. Andrej Holm von der Humbold-Universität Berlin in das Thema ein mit einem Vortrag, der eine Fülle von Informationen über die aktuelle Wohnungsmisere enthielt. Die Präsentation gibt es hier zum Download.

Bemerkenswert am alternativen Wohngipfel war – außer den weit fortgeschrittenen Inhalten – vor allem, dass eine Vernetzung klassischer “offizieller” Interessenverbände aus dem Sozialbereich mit einer bunten, quirligen Initativenszene mühelos gelang. Vielleicht die Geburtsstunde einer neuen, bundesweiten Mietenbewegung.