VBW: Mieterverein fordert Mietenstopp

Der Mieterverein Bochum, Hattingen und Umgegend e. V. hat sich in einem offenen Brief an die Fraktionen und Gruppen im Rat der Stadt Bochum gewandt. Thema ist die Mietenpolitik der VBW Bauen und Wohnen in den letzten Jahren. Die VBW ist mit 12.600 Wohnungen die größte Vermieterin in Bochum und gehört zu fast 80 % der Stadt Bochum (über Stadtwerke und Sparkasse).

Von einem kommunalen Wohnungsunternehmen erwarten wir, dass es sich auf dem Wohnungsmarkt anders verhält als die finanzmarktorientierte Wohnungswirtschaft: preisdämpfend und solide wirtschaftend. Wir verkennen auch nicht, dass die VBW in ihrem Bestand einen viel höheren Anteil an Sozialwohnungen hat als viele andere Unternehmen. Bei der Vermietung freifinanzierter Wohnungen agiert sie aber seit einigen Jahren als Preistreiberin. Wir haben die Sache näher untersucht und mussten feststellen:
– Die VBW nutzt jeden neuen Mietspiegel sofort zu flächendeckenden Mieterhöhungen – auch durch umstrittene Einstufungen in den Mietspiegel.
– Die VBW bietet neu zu vermietende Wohnungen zu Preisen an, die im Schnitt fast 1 € über dem Mietspiegelniveau liegen – auch solche von nur durchschnittlicher Qualität.
– Damit treibt sie das gesamte Mietenniveau in der Stadt in die Höhe. Dieses liegt aktuell bereits um mehr als 20 % höher als noch vor 10 Jahren.

Verantwortlich dafür ist, dass die VBW inzwischen beträchtliche Gewinne erwirtschaftet. Diese liegen regelmäßig über 7 Mio. € im Jahr. 3 Mio. davon schüttet sie an ihre Gesellschafter aus. Ohne diese Ausschüttung könnte jede Miete freifinanzierter VBW-Wohnungen ca. 400 € pro Jahr niedriger sein. Das sind knapp 50 Ct pro qm und Monat.

Die Geschäftspolitik der VBW wird vom Rat der Stadt Bochum beschlossen und die Rendite-Ausschüttungen im städtischen Haushalt fest eingeplant. Derzeit finden wieder Haushaltsberatungen statt. Der Mieterverein fordert in Anbetracht der angespannten Lage auf dem Bochumer Wohnungsmarkt vom Rat einen Renditeverzicht aus der VBW-Beteiligung durch einen faktischen Mietenstopp bei der VBW – auch bei Neuvermietungen: Keine Miete über dem Mietspiegel!

 

 

 

 

 

Offener Brief an die Fraktionen im Bochumer Rat

Umgang mit der VBW – Bauen und Wohnen GmbH

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit vielen Jahren ist die finanzmarktorientierte Wohnungswirtschaft im Visier des Deutschen Mieterbundes, während genossenschaftliche und kommunale Wohnungsunternehmen als relative Horte des Friedens und der Ruhe gelten.

Die VBW fällt allerdings bei uns seit vielen Jahren durch besonders häufige sowie besonders ausgeprägte Mieterhöhungen und durch Vertragsabschlüsse weit oberhalb des Mietspiegel-Niveaus auf. Im laufenden Jahr haben wir die Mietpreisgestaltung der VBW näher untersucht und zum Gegenstand unserer Öffentlichkeitsarbeit gemacht. Sowohl mit der VBW selbst als auch einigen von Ihnen haben wir über die Problematik Gespräche geführt. Wir mussten feststellen:

  • Die VBW nutzt als einziges Bochumer Wohnungsunternehmen jeden neuen Mietspiegel sofort zur flächendeckenden Mieterhöhung. Sie geht bei der Eingruppierung von Wohnungen in den Mietspiegel äußerst offensiv vor und streitet nachdrücklich für umstrittene Zuschläge.
  • Die VBW bietet freifinanzierte Wohnungen regelmäßig für eine Miete auf dem Markt an, die im Durchschnitt rund 1 € über dem Mietspiegel-Niveau liegt, und zwar auch dann, wenn diese Wohnungen nur von durchschnittlicher Qualität sind.
  • Da die VBW mit rund 10 % Anteil am Wohnungsmarkt der größte Anbieter in Bochum ist, beeinflusst sie mit diesem Verhalten langfristig das gesamte Mietniveau in der Stadt.

Das ist nicht das, was wir von einem kommunalen Wohnungsunternehmen erwarten.

Wir sind im Gegenteil der Ansicht: Ein kommunales Wohnungsunternehmen hat die Aufgabe, als Korrektiv zu der ansonsten überwiegend gewinnorientierten Wohnungswirtschaft auf dem Markt aufzutreten und vor allem bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Es sollte Preisdämpfer, nicht Preistreiber sein.

Dies können wir bei der VBW hinsichtlich ihrer freifinanzierten Bestände seit einigen Jahren nicht mehr erkennen. Es hat natürlich Ursachen.

Als 80-Prozent-Anteilseignerin hat die Stadt Bochum entscheidenden Einfluss auf die Unternehmenspolitik der VBW. In den letzten Jahren hat der Rat der Stadt Bochum diesen Einfluss auch genutzt – leider nicht im Sinne der VBW-Mieter*innen:

Von Jahr zu Jahr zahlt die VBW 3 Mio. € Rendite an ihre Anteilseigner aus, davon 80 % an die Stadt Bochum. Auch für 2019 sind entsprechende Gewinnerwartungen formuliert und die Einnahmen in den städtischen Haushalt eingeplant worden.

Den Preis dafür zahlen die Mieterinnen und Mieter der VBW. Ohne die ausgeschütteten Gewinne könnte jede einzelne freifinanzierte Miete der VBW um ca. 400 € pro Jahr niedriger sein. Hieran trägt der Rat der Stadt Bochum mit seinen Haushaltsbeschlüssen eine erhebliche Mitverantwortung.

Den Preis dafür zahlt aber früher oder später auch die Öffentliche Hand. Denn je höher das Mitniveau in einer Stadt ist, desto höher sind auch die Ausgaben für die Kosten der Unterkunft von Transferleistungsempfängern, die die kommunalen Finanzen belasten.

Wir meinen: Auf einem angespannten Wohnungsmarkt – wie es der Bochumer erklärtermaßen ist – taugt ein kommunales Wohnungsunternehmen nicht zur Haushaltskonsolidierung.

Wir verkennen nicht, dass die VBW einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Sozialwohnungen in ihrem Bestand hat. Aber wir erwarten von einem kommunalen Unternehmen, insbesondere in der aktuell angespannten Wohnungsmarktsituation:

  • Freifinanzierte Wohnungen sind so preiswert wie möglich anzubieten.
  • Keine Miete bewegt sich über dem Mietspiegel.
  • Die Grenze bei Neuvermietungen ist ebenfalls der Mietspiegel.

Das ist natürlich nur möglich, wenn ein Unternehmen keine Renditeerwartungen seiner Anteilseigner befriedigen muss. Wir fordern sie daher auf, in den Doppelhaushalt 2020/21 und in künftige Haushalte keine Renditeeinnahmen durch die Beteiligung an der VBW einzustellen!

Freundliche Grüße

Michael Wenzel

Geschäftsführer