Keine aufgelockerte Bebauung in Engelsburg

Seit der aktuelle Bochumer Mietspiegel am 1. April 2021 in Kraft getreten ist, gibt es immer wieder mal Streit um die Frage: Was ist aufgelockerte Bebauung? Dafür sieht der Mietspiegel nämlich einen Zuschlag von 25 Cent pro qm Wohnfläche vor und definiert: “max. 3 Geschosse, Abstandsflächen zwischen den Häusern”. Wiederholt schon haben Wohnungsgesellschaften selbst in Siedlungen mit massiver Blockbebauung versucht, diesen Zuschlag zu nehmen. Jetzt gibt es ein erstes Urteil des Anstgerichts Bochum dazu.

Die Mira Grundstücksgesellschaft mbH hatte versucht, den Zuschlag von Mieter:innen im Köttlingerweg unweit der Engelsburger Straße zu verlangen. Die Staße ist zu beiden Seiten dicht bebaut mit langen Häuserreihen mit jeweils zwei bis drei Eingängen, drei Geschosse plus Spitzdach hoch. Hinter den Häusern liegen jedoch größere Freiflächen. Ein Mieter hatte die Zustimmung zur Mieterhöhung verweigert und sich vom Mieterverein Bochum vertreten lassen.

Das Amtsgericht Bochum hat die Klage der Mira auf Zustimmung zur Mieterhöhung jetzt abgewiesen. Zur Begründung führt das Gericht aus:

»Ein Zuschlag wegen „aufgelockerter Bebauung“ ist nicht vorzunehmen. Eine solche setzt nach dem allgemeinen Sprachgebrauch erhebliche Abstandsflächen zwischen den Gebäuden voraus, aus denen sich insgesamt der Eindruck einer lockeren bzw. -synonym- losen Bebauung ergibt.

Daran fehlt es hier. Vielmehr stellen sich die Lücken zwischen den gleichförmigen, kasernenartigen Gebäudekomplexen zur Straße hin lediglich als kurze Durchbrechungen der um ein vielfaches breiteren, ansonsten über hunderte von Metern durchgehenden Häuserfronten dar, so dass die ganze Siedlung zur Straße hin insgesamt eher als zusammenhängende Häuserreihe erscheint.

Darauf, dass hinter der Häuserreihe eine Grünfläche liegt und ein erheblicher bstand zur nächsten Häuserreihe bestehen mag, kommt es nicht an. Eine sich nach hinten anschließende Reihe von Gärten, und möge sie auch noch so tief sein, vermöchte bei einer geschlossenen Häuserfront keine aufgelockerte Bebauung zu begründen, und hat deshalb auch hier außer Betracht zu bleiben.«

Mietervereinssprecher Aichard Hoffmann äußerte sich sehr zufrieden: “Genau so ein Urteil haben wir gebraucht; das Gericht hat wirklich Klartext gesprochen. Leider ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Die Mira kann noch in Berufung gehen und unsere Jurist:innen rechnen auch damit. In der Vergangenheit haben wir bei ähnlichen Fällen aber auch schon erlebt, dass Wohnungsgesellschaften auf Berufung verzichtet haben, um von anderen Mieter:innen, die nicht geklagt haben, weiterhin Zuschläge verlangen zu können. Denn so ein Amtsgerichtsurteil ist nicht bindend für andere Fälle.”

Dem Mieterverein liegen zahlreiche weitere Fälle vor, in denen der Zuschlag für aufgelockerte Bebauung in Siedlungen mit massiver Blockbebauung verlangt wird. Hoffmann: “Das Urteil ist richtungsweisend, aber erst ein Etappensieg. Es ist jetzt ganz wichtig, das Mieter:innen, die in solchen Siedlungen wohnen, sich nicht ins Bockshorn jagen lassen und die Zustimmung zur Mieterhöhung verweigern. 25 Cent pro qm in einer 80-qm-Wohnung addieren sich auf 240 € im Jahr; das ist kein Pappenstil.”

Da andere Teile eines Mieterhöhungsverlangens in Ordnung sein können, kann man die Zustimmung auch teilweise verweigern, nämlich nur soweit sie sich auf diesen Zuschlag bezieht. Der Mieterverein rät Betroffenen, sich rechtlich beraten zu lassen.

AZ: AG Bochum, 63 C 142/21