Energiekrise: Vonovia will Mieter rausschmeißen

Man könnte meinen, Europas größtes Wohnungsunternehmen, die Bochumer Vonovia, hätte in den letzten Jahren schon genug getan, um ihren Ruf bei Mieter:innen zu ruinieren. Doch was die Wohnungsriesin gestern in internen Papieren für einen Investorentag durchblicken ließ, toppte alles bisher dagewesene. Mieter:innen, die wegen der gestiegenen Energiekosten über Monate ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen, sollen notfalls die Kündigung erhalten.

Damit ist ausgerechnet das Wohnungsunternehmen vorgeprescht, das in den Corona-Jahren so glänzende Geschäfte gemacht hat, dass es 2020 pro Euro Mieteinnahme 36 Cent als Dividende an die Aktionär:innen auszahlen konnte, 2021 sogar 44 Cent. Man könnte meinen: Da ist Geld wie Heu vorhanden. Doch schon im Juli verkündete Vonovia-Chef Rolf Buch, wegen der galoppierenden Inflation die Mieten anheben zu müssen. Irgendwie aber logisch: Wer alles Geld an die Anleger:innen raushaut, hat nichts mehr in Reserve, um steigende Kosten aufzufangen.

Und auch diesmal richtet sich die Botschaft eher an die Aktionär:innen: Keine Sorge, lautet sie, wir setzen eher zahlungsunfähige Mieter:innen aufdieStraße, als eure Rendite zu schmälern. Leider wird so eine Botschaft dann auch andernorts gehört, und so war das Medienecho verheerend. Schon heute musste die Branchenprima zurückrudern. “Wir haben kein Interesse daran, dass Menschen ihre Wohnung verlieren”, sagte Buch der WAZ, und Springers WELT zitiert ihn mit der Aussage: “Bei uns wird niemand eine Wohnung verlieren, nur weil die Heizkosten nicht gezahlt werden können.” Buch forderte Mieter:innen mit Zahlungsschwierigkeiten auf, sich frühzeitig zu melden: “Wir finden eine Lösung.”

Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube, ließ eine Johann Wolfgang von Goethe seinen Faust sagen. Mieterbund-NRW-Chef Hans-Jochem Witzke bleibt jedenfalls skeptisch: “Was Herr Buch in Sonntagsreden predigt”, sagte er, “findet sich montags bis freitags vor Ort nicht wieder.” Bei Vonovia jedenfalls möchte man lieber Aktionär:in sein als Mieter:in.