Bochumer Wohnungsunternehmen reduzieren Neubauprojekte

Wie die WAZ Bochum am letzten Freitag und heutigen Montag recherchiert hat, stoppen bzw. reduzieren die VBW und andere Unternehmen Neubauprojekte. Am Glockengarten plant die VBW statt 200 Wohnungen nur noch 94. Der zentrale Hintergrund ist, Neubau hat sich im letzten Jahr dramatisch verteuert. Die im Handlungskonzept Wohnen beschlossene Strategie durch Neubau den Wohnungsmarkt zu entspannen, kann in der neuen Marktlage erst recht nicht mehr funktionieren. Der Mieterverein sieht eine sich zuspitzende Situation, die schnell nach Antworten verlangt.

Die VBW ist mit Abstand der wichtigste Anbieter von neuen Sozialwohnungen in Bochum. Die Hälfte aller neugebauten Wohnungen sollen auch in Altenbochum sozial gefördert sein. Die Reduzierung des Volumens bedeutet, dass über 50 Sozialwohnungen weniger werden entstehen. Wie problematisch dies ist, zeigt der Vergleich zu den Jahren 2018-22, in denen im Durchschnitt in ganz Bochum nur 58 Sozialwohnungen entstanden.

Die Vonovia hatte erst Anfang letzter Woche den kompletten Stopp aller Neubauprojekte angekündigt. Ähnliche Fragen stellen sich allen anderen Wohnungsunternehmen. Die Baupreise sind 2022 um 16 % gestiegen, die Bauzinsen haben sich verdoppelt. Lieferengpässe und Facharbeitermangel kommen hinzu.

Für die Neubaustrategie der Stadt, die jährlich 600 freifinanzierte und 200 öffentlich geförderte Wohnungen bauen wollte, kann daher erst recht nicht mehr funktionieren. Die Strategie war in Bezug auf geförderte Wohnungen schon vor der Baukrise weitgehend gescheitert. Statt 800 Sozialwohnungen entstanden nur 233.

 Alternativen zur Neubaustrategie der Stadt drängen

Der Mieterverein macht der Stopp vieler Neubauprojekte große Sorgen, denn gleichzeitig gehen Wohnungen durch Umwandlung, Abriss oder Leerstand infolge nachhaltigen Instandhaltungsstaus verloren. Die Mietpreise steigen seit einigen Jahren erheblich, wie der neue Wohnungsmarktbericht der Stadt jüngst konstatierte. Infolge des Ukraine-Krieges kommen erheblich gestiegenen Energiepreise, die viele Mieter:innen 2023 zu hohen Nachzahlungen zwingen. Die Mietbelastung, die in Bochum laut Wohnungsmarktbericht Ruhr schon davor ruhrgebietsweit am höchsten lag, bringt immer mehr Mieter:innen an ihre Belastungsgrenze.

Der Mieterverein erwartet von den Fraktionen im Rat und Oberbürgermeister Thomas Eiskirch eine zeitnahe Beschäftigung mit der völlig veränderten Lage auf dem Wohnungsmarkt. Der Mieterverein Bochum wünscht sich schnelle Maßnahmen. Das nimmt der nachhaltigen Evalution des Handlungskonzepts nicht die Notwendigkeit. Dennoch hält der Mieterverein ein Jahr Warten für keine adäquate Option.

Wie dennoch bezahlbarer Wohnraum erhalten und neu entstehen kann, der auch dem Klimanotstandbeschluß der Stadt Rechnung trägt, haben der Mieterverein und 18 weitere Akteure in der „Erklärung für eine sozial und ökologisch zukunftsorientierte Wohnungspolitik in Bochum“ erarbeitet. Die zentrale gemeinsame Forderung ist eine Konzentration auf die Bestandspolitik. Deren Aufgabe ist es, Leerstand und Instandhaltungsstau zu reduzieren sowie Abrisse und Umwandlungen zu verhindern. Neue Wohnungen könnten verstärkt zum Beispiel durch Aufstockungen entstehen, die schneller und preisgünstiger erstellt werden können.