Bochumer Wohnungsmarkt ist noch enger geworden
Die Stadt Bochum hat den zweijährlich erscheinenden Wohnungsmarktbericht für das Jahr 2022 veröffentlicht. Die zentrale Botschaft darin: Der Wohnungsmarkt ist noch enger geworden. Besonders gefragt seien preiswerte Wohnungen für Singles und große Familien.
Zwei Entwicklungen haben zur verschärften Lage beigetragen. Die Flüchtlinge aus der Ukraine, die die Bevölkerungszahl leicht ansteigen lassen, sowie die explodierenden Energiepreise. Der Krieg in der Ukraine mache auch Wohnungsneubau erheblich teurer. Wohnungsmarktexpert:innen erwarteten einen Stopp bereits genehmigter Bauprojekte. Bereits 2021 war laut dem Bericht die Zahl fertiggestellter Neubauten gesunken.
Der Mieterverein Bochum erkennt im Wohnungsmarktbericht weitere Herausforderungen für die Evaluation des Handlungskonzepts Wohnen, das in diesem Jahr im Rat beschlossen werden soll.
Weniger Umzüge und weniger Sozialwohnungen
Eine weitere statistische Zahl weise auf die Angespanntheit des Marktes hin. Die Zahl der Umzüge auf Bochumer Stadtgebiet sei auf 56 Umzügen je 1.000 Einwohner:innen gesunken, der niedrigste Stand seit der Wohnungsnot in den 1990 Jahren.
Der Sozialwohnungsbestand in Bochum ist 2021 weiter gefallen. Bis 2030 drohe deren Zahl auf 7.500 zu sinken. Selbst die bisher angestrebte Neubauzahl von jährlich 200, die zuletzt weit verfehlt wurde, würde weitere Verluste nicht auffangen. Jährlich fallen 450 Wohnungen aus der Bindung.
Altersgerechtes Wohnen
Es gibt in Bochum einen hohen Bedarf seniorengerechten Wohnens, besonders weil die „Babyboomer“ in den kommenden Jahren in Rente gehen. Bisher aber sind lediglich 8 % der Bochumer Wohnungen barrierearm. Dazu ein Zitat aus dem Wohnungsmarktbericht, das die Herausforderungen zusammenfasst: „Ein seniorengerechtes Wohnumfeld muss darauf ausgelegt sein, die Versorgungssicherheit auch bei eingeschränkter Mobilität zu erhalten: zentral hierfür ist eine fußläufige Erreichbarkeit der Alltagsversorgung und Infrastruktur, eine möglichst barrierefreie Gestaltung des öffentlichen Raumes sowie eine entsprechende Anbindung an den ÖPNV.“
Mietsteigerungen
Die Enge auf dem Markt und die allgemeine Entwicklung haben die Mieten weiter massiv steigen lassen. Die Auswertung der Angebotsmieten hat 2021 einen Anstieg der Nettokaltmiete um drei Prozent auf 7,50 EUR/qm ergeben.
Besonders betroffen seien, wie bereits erwähnt, Haushalte mit vier und mehr Personen und geringeren Einkommen. Durch das gleichzeitige Sinken der Anzahl an Sozialwohnungen und dem Sinken des Angebots an angemessenen Wohnungen nach SGB II führe dies zu einer Konzentration der Nachfrage im preisgünstigen Segment. Die Erhöhung der Angemessenheitsgrenze durch die Stadt im Juni 2022 habe mit den steigenden Mietpreisen nicht Schritt gehalten.
Der Quadratmeterpreis für Wohnungen ab 110 qm liege mit 8,49 EUR/qm daher erheblich über dem Durchschnitt. Auffällig sei der im Vorjahresvergleich stärkste Preisanstieg in diesem Wohnsegment mit + 6,1 %. Auch Kleinstwohnungen (unter 30 qm Wohnfläche) fallen mit sogar 9,62 EUR/qm auf.
Zusammenfassend schreiben die Autor:innen des Wohnungsmarktberichts: „Angesichts steigender Bedarfe, zunehmender Nebenkostenbelastungen und rückläufiger Bestände bestätigt sich einmal mehr der Handlungsbedarf im Segment des geförderten Mietwohnungsbaus“
Nebenkosten
Vor allem der sprunghafte Anstieg bei den Wohnnebenkosten als eine Folge des Ukraine-Kriegs stelle „im Hinblick auf die Bezahlbarkeit von Wohnraum ein sehr ernstzunehmendes Problem dar“ wird festgestellt. Bochum ist davon noch stärker als andere Kommunen betroffen, denn nur 2 % der Wohnungen in Bochum fallen laut dem Wohnungsmarktberichts in die Energieklassen A / A+.
Wohnungsaufsicht
In der Stadt existiert eine fachbereichsübergreifende Arbeitsgruppe Problemimmobilien, die sich mit Überbelegung und Instandhaltungsstau beschäftigt. Diese hat 162 Gebäude im Blick, die in unterschiedliche Problemlagen eingruppiert werden. „Durch die mögliche Anwendung von städtebaulichen Geboten (hier: Modernisierungs- und Instandsetzungsgebot), insbesondere in Stadterneuerungsgebieten, sowie dem zukünftig noch stärkeren Einsatz von bauordnungsrechtlichen Instrumenten, soll dem Aufgabenbereich begegnet werden“.
Leerstand
Der Leerstand von Wohnungen ist 2022 leicht gestiegen. Allerdings handele es sich hierbei vielfach um strukturellen Leerstand, der z.B. wegen Instandhaltungsstau nicht so leicht wieder vermietbar wäre.
Leider fehlt im Wohnungsmarktbericht eine Statistik zu Wohnungslosen und Zwangsräumungen, die für zukünftige Veröffentlichungen zu wünschen wäre.
Wohnungsmarktbarometer 2022
Der Wohnungsmarktbericht enthält auf Grundlage von Interviews mit der Wohnungsmarktakteuren zudem ein Stimmungsbild. Diese bestätigt die Problemlagen im Grundsatz. Zentrale Herausforderung sehen die Akteure in den Themen energetische Sanierung und altengerechter Umbau, die zunehmende Anspannung vor allem Einkommensarme und Familien. Die Bestandspflege werde wichtiger.
Der komplette Wohnungsmarktbericht ist hier als pdf-Dokument herunterladbar.