Räum- und Streupflicht: Ein winterliches Abenteuer
Alle Jahre wieder – ist die Deutsche Bahn vom Schneefall so überrascht, als wäre der Winter ein seltenes Naturereignis, das nur alle Jubeljahre auftritt. Während wir uns über Schienenersatzverkehr und Verspätungen amüsieren, stellt sich die Frage: Wer haftet eigentlich, wenn jemand vor unserem Haus auf Eis ausrutscht und sich den Knöchel bricht?
In manchen Häusern gibt es einen ausgeklügelten Winterdienstplan, der minutiös regelt, wer wann den Schneeschieber schwingen muss. In anderen herrscht das Prinzip Hoffnung. Irgendwer wird’s schon machen, und hoffentlich stürzt niemand. Aber ist das wirklich klüger als das Vorgehen der vielgescholtenen Bahn? Zeit, dem (Schnee-)Chaos auf den Grund zu gehen!
Tauchen wir ein in die frostigen Tiefen der Räum- und Streupflicht: Grundsätzlich liegt die Verantwortung für das Schneeschieben und Abstumpfen der Gehwegoberfläche – genannt „Räum- und Streupflicht“ – bei der Gemeinde. Aber die Kommunen sind schlau und wälzen ihre Pflicht per Satzung auf Grundstückseigentümer:innen ab. Diese wiederum können sie an ihre Mieter:innen weitergeben. Et voilà – schon sind Sie am Zug und dürfen sich die Schaufel schnappen!
Mietvertrag checken
Ob Sie wirklich zum Schneeschieber greifen müssen, steht in Ihrem Mietvertrag. Ein kurzer Blick in die Hausordnung schadet auch nicht, reicht aber allein nicht aus. Um Ihnen die Suche zu erleichtern: Blättern Sie ruhig von hinten durch den Vertrag. Die Räum- und Streupflicht versteckt sich gerne zwischen den letzten Seiten, wo sonst nur noch die Unterschriften und das Kleingedruckte lauern.
Sollten Sie trotz intensivster Suche nichts finden: Glückwunsch! Dann müssen Sie nicht haften. Auch nicht, wenn Ihr Nachbar aus dem Erdgeschoss das seit Jahrzehnten macht. Gewohnheitsrecht? Fehlanzeige! Mündliche Vereinbarungen zwischen Vermieter:in und Mieter:in? Zählen nicht. Nachträgliche Änderungen der Hausordnung? Nur mit Ihrer ausdrücklichen Zustimmung. Sie können also nicht einfach nachträglich zum Schneeschieber befördert werden, nur weil es versäumt wurde, eine entsprechende Regelung in den Vertrag aufzunehmen.
Wenn Sie doch fündig werden, reicht oft schon ein Satz wie: „Der Mieter hat die Pflicht, den Winterdienst im Wechsel mit anderen Hausbewohnern zu erfüllen.“ Oder noch kürzer: „Streupflicht nach Winterdienstplan“. Wichtig ist, dass erkennbar ist, dass Sie zuständig sein sollen.
Was muss geräumt werden?
Und was genau müssen Sie nun tun, wenn Sie die undankbare Aufgabe erwischt hat? Schneeschieben und streuen, logisch! Aber wo? Auf öffentlichen Gehwegen vor dem Haus, Zuwegen zum Haus und Gehwegen auf dem Grundstück.
Die Straße selbst dürfen Sie getrost ignorieren, es sei denn, Sie haben eine heimliche Leidenschaft fürs Schneepflügen entwickelt. Eine Breite von 1,20 Meter sollte auf Gehwegen in der Regel reichen. Das entspricht ungefähr der Breite eines Fußgängers plus Gegenverkehr. Für Wege auf dem Grundstück genügt oft bereits ein halber Meter. Aber Achtung: Wenn die örtlichen Verhältnisse mehr erfordern, müssen Sie auch mehr tun.
Müssen Sie nun den ganzen Tag schaufeln? Zum Glück nicht! Die genauen Zeiten regeln die Städte individuell. Werktags sollten die Wege in Dortmund ab 7.00 Uhr frei sein, an Sonn- und Feiertagen können Sie ausschlafen. Da reicht, es, wenn bis 9.00 Uhr geräumt ist. Bei Dauerschneefall dürfen Sie Pausen machen, aber mehrmaliges Räumen kann nötig sein. Es geht darum, dass der „zu erwartende Verkehr“ gefahrlos über „Ihre“ Wege kommt. Ab 20.00 Uhr am Abend können Sie die Schaufel beiseitestellen. Niemand erwartet von Ihnen, dass Sie spät am Abend oder in der Nacht den Gehweg räumen.
Urlaub? Krankheit? Keine Lust?
Was, wenn Sie krank sind oder im Winterurlaub? Organisieren Sie eine Vertretung. Ein netter Nachbar vielleicht, der sowieso gerne schaufelt? Bei Krankheit oder Alter können Gerichte Sie von der Räum- und Streupflicht befreien, aber verlassen Sie sich nicht darauf. Es ist eher die Ausnahme als die Regel. Und wenn der Gestürzte selbst schuld ist, weil er bei Glatteis ein Wettrennen veranstaltet hat? In diesem Fall bekommt er eventuell weniger oder gar kein Schmerzensgeld. Wie immer im Recht gilt auch hier: Es hängt von den Umständen ab. Eine Faustregel gibt es leider nicht.
Apropos: Wer stellt eigentlich Schneeschieber und Streugut? Grundsätzlich der Vermietende. Aber niemand verbietet Ihnen, sich mit den Nachbarn zusammenzutun und gemeinsam vorzusorgen. Ein Schneeschieber für alle und alle für einen Schneeschieber, das fördert nebenbei auch noch die Hausgemeinschaft!
Fazit
Die Räum- und Streupflicht ist wie das Wetter selbst – manchmal unberechenbar und oft eine Herausforderung. Aber mit ein bisschen Vorbereitung, gesundem Menschenverstand und einer Prise Humor meistern Sie die winterliche Aufgabe.
Falls Sie noch Fragen haben oder sich in den Untiefen Ihres Mietvertrags verloren haben, wissen Sie ja, wo Sie uns finden. Reichen Sie uns Ihren Mietvertrag ein und vereinbaren Sie einen Beratungstermin. Wir helfen Ihnen gerne durch den juristischen Schnee und Eisregen. Denken Sie daran: Lieber einmal zu viel gefragt als einmal zu wenig geschaufelt!
Kommen Sie gut und unverletzt durch den Winter und denken Sie daran: Auch wenn Sie laut Mietvertrag nicht räumen müssen, kann ein freundschaftlicher Griff zum Schneeschieber Wunder bewirken. Wer weiß, vielleicht revanchiert sich Ihr Nachbar im Sommer mit einem kühlen Getränk, wenn Sie mal wieder in der Hitze den Rasen mähen müssen.