Röderschacht in Bochum-Linden: Verdrängung von Mietern droht

Seit April gibt es wenig Ruhe für 52 Mieterhaushalte in Bochum-Linden. Die 1890 gebaute und denkmalgeschützte
Siedlung am Röderschacht wurde am 1.4. ohne jede Schutzregelungen von Vonovia an die im November neu
gegründete Am Röderschacht Immobilien GmbH verkauft.

Deren Eigentümer plant die zusammenhängende Siedlung zu zerstückeln und einzeln weiterzuverkaufen. Mittelfristig sind die Bewohnerinnen und Bewohner von Eigenbedarfskündigungen bedroht.

Aktuell aber fühlt sich die Nachbarschaft vom neuen Vermieter drangsaliert; fast täglich taucht dieser in der Siedlung auf, macht Bilder und besucht Mieter:innen, denen er fragwürdige Angebote unterbreitet. Mal droht er einem über 80 jährigen Mieter mit dem Verlust der Wohnung in sechs Wochen, mal verlangt er eine freiwillige Mieterhöhung.

Besonders ärgerlich in der schön gelegen Siedlung ist, die viele jahrzehntelang genutzten Mieter:innen hat er Gärten und Parkplätze mit Flatterband und Zettelaushängen gesperrt. Die liebevoll gepflegten Mietergärten würden in Kürze planiert, kündigte er mehreren Mietern an. Für diese sollen die Mieter:innen künftig Sonder-Gartennutzungs- und Stellplatz-Gebühren zahlen. Die Faktenlage ist komplex, denn einige Mietverträge enthalten die Gartennutzung, andere nicht. Der ehemalige Vermieter Vonovia bestätigte ersten Mietern inzwischen die Gartennutzung, obwohl diese nicht explizit im Mietvertrag steht. Einige Mieter:innen könnten herausgefordert sein, auf den Garten zu verzichten, oder eine Gebühr zu zahlen. Eine sofortige Sperrung ohne Ankündigung verstößt mindestens gegen ein gutes Mieter-Vermieter-Verhältnis.

Die Sperrung der Stellplätze hat Probleme auf der Straße zur Folge. Der Röderschacht ist Bochums vermutlich steilste Straße, dennoch fährt ein Bus der Bogestra hier lang. Durch den Zwang auf beiden Seitender Straße zu parken, wird es eng für den Bus.

Alte Mietverträge gelten weiterhin

Für die Mieter:innen ändert sich mit dem Verkauf eigentlich nichts, die alten Mietverträge gelten unvermindert weiter. Der neue Vermieter hinterlässt aber einen anderen Eindruck, berichten Mieter. Das fragwürdiges Angebot des neuen Vermieters lautet eine freiwillige Mieterhöhung oder einen Zusatzvertrag zu unterschreiben, der die Mieten auf einen Schlag um 100 Prozent erhöhte. Viele Mieter:innen müssten bei solchen Preisen ausziehen. Vor dem Hintergrund des engen Wohnungsmarktes mit wenigen bezahlbaren Wohnungen eine existenzielle Bedrohung. Eine solche Mieterhöhung liegt aber weit jenseits des mietrechtlich Geregelten. Nach Mietspiegel sind lediglich 20 Prozent in drei Jahren und niemals mehr als der Mietspiegel festlegt. Die Gebäude „Am Röderschacht“ sind nicht gedämmt und die Keller häufig feucht. Viele Wohnungen sind seit Jahrzehnten nicht saniert (alte Heizungen, überholte Elektroinstallationen). Viele Sanierungen haben Mieterinnen und Mieter daher selbst gemacht. Der Mietspiegel für diese Wohnungen liegt daher weit unter dem Bochumer Durchschnitt von 6,90 €/m².

Unklare Zukunft der Siedlung

Die Herausforderungen in den Häusern in den nächsten Jahren sind riesig, ein Grund warum Vonovia die Siedlung verkaufen hat. Neben der Technik stellt sich eine große Herausforderung durch unverfüllte Schächte  unter den Häusern, die heute schon zu Rissen führen. Die Bodenplatten könnten zudem Asbest beinhalten, befürchten einige Mieter:innen.

Wie der Einzelverkauf funktionieren soll, steht in den Sternen. Denn alle 13 Gebäude liegen auf nur drei Flurstücken. Die Gebäude benötigten für einen Einzelverkauf auch eine Abgeschlossenheitserklärung, was alles andere als trivial ist. Denn eine Brandmauerverbindet beide Gebäude, Abwasserleitungen fassen mehrere Wohnungen zusammen. Große Umbauten wären komplex, denn der Denkmalschutz stellt hohe Hürden. In der Tat würde durch Einzelmaßnahmen der beeindruckende historische Charakter der Siedlung, die viele auch internationale Besuche von Interessierten bekommt, schnell verloren gehen.

Forderungen der Mieter

Die Mieterinnen und Mieter haben sich inzwischen  zusammengeschlossen und halten Mieterversammlungen ab.

Gemeinsame Forderungen wurden erarbeitet:
– Freigabe aller Parkplätze und Gärten
– Ende von Drohungen
– Respekt ggü des Denkmalschutz
– Transparenz und Kommunikation
– Erhalt der bezahlbarer Mietwohnungen (Mietspiegel & keine Luxusmodernisierungen)

Die neue Initiative hat sich auch an Presse und den Bezirksbürgermeister Gräf gewendet, der bereits den Vermieter um Einlenken gebeten hat. In nächster Zeit planen die Mieter:innen Aktionen und freuen sich auf Unterstützung.