Wärmepumpen-Offensive der LEG: Goldesel Klimaschutz?

Im vergangenen Jahr kündigte die LEG eine „Wärmepumpen-Offensive“ an. Der Plan: In zahlreichen Bestandswohnungen sollen moderne Luft-Luft-Wärmepumpen installiert werden. Das börsennotierte Unternehmen wittert „kommerzielle Chancen“ und einen „finanziellen Erfolgsbeitrag“. Die Zeche sollen am Ende Mieter:innen zahlen.
In rund 20.000 Wohnungen – überwiegend aus den 1950er- bis 1970er-Jahren – sollen veraltete Heizsysteme wie Gasthermen und Nachtspeicherheizungen durch Luft-Luft-Wärmepumpen ersetzt werden. Die LEG will durch diese Maßnahmen die Wärmewende im Gebäudesektor vorantreiben und den CO2-Ausstoß senken. Doch das ambitionierte Projekt wirft zahlreiche Fragen auf: Sind die Geräte effizient genug für unsanierte Altbauten? Wer trägt die Kosten der Umstellung? Und soll unter dem Label „Klimaschutz & Wärmewende“ vielleicht einfach nur maximaler Gewinn erwirtschaftet werden?
Ein Fall aus Münster warf vor ein paar Monaten solche Fragen auf und sorgte für Empörung: Nach der Umrüstung auf das neue Heizsystem stiegen die Heizkosten für Mieter:innen massiv an, teilweise verdoppelten sich deren Kosten. Die LEG spricht inzwischen von einem Fehler, will die Berechnungsgrundlagen überprüfen und den Dialog mit den Bewohner:innen suchen.
Mieterverein fordert Transparenz
Kritik gab es außerdem an den neuen Vertragsstrukturen, die ein sogenanntes Wärmecontracting vorsehen, das die Mieter:innen über 15 Jahre lang an einen Anbieter – und dessen Preise – bindet. Markus Roeser, Wohnungspolitischer Sprecher des Mietervereins Dortmund, befürchtet, dass solch einseitige Entscheidungen inklusive überhöhter Heizkostenvorauszahlungen das Vertrauen in die energetische Sanierung untergraben. „Die Wärmewende im Gebäudebestand ist unumgänglich, wenn wir die Klimaziele erreichen wollen. Aber sie darf nicht zulasten der Mieter:innen gehen. Notwendig sind transparente Verfahren, technische Lösungen mit Augenmaß und eine gerechte Kostenverteilung.“
Was steckt wirklich hinter der Wärmepumpenstrategie der LEG? Wir haben mit Max Fuhrmann vom Deutschen Mieterbund NRW gesprochen:
Was sind die Pläne der LEG?
Die LEG plant in ihrem Bestand Wohnungen mit Gasetagenheizungen, Einzelöfen oder Nachtspeicherheizungen mit einer Luft-Luft-Wärmepumpe zu ersetzen. Damit einher soll eine Umstellung auf Wärmecontracting gehen. Haben sich die Mieterinnen und Mieter bisher selbst mit Heizenergie versorgt, soll diese künftig von einem Contractingunternehmen bereit bestellt werden.
Welches Unternehmen wird die Geräte installieren, betreiben, warten?
Für Einbau und Wartung der Geräte ist die Firma dekarbo zuständig. Dieses Unternehmen wurde 2023 gegründet und die LEG hält 50 Prozent der Anteile. Das Contracting soll über die EnergieServicePlus GmbH laufen, ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der LEG.
Wie setzen sich die zu erwartenden Kosten für Mieter:innen zusammen?
Die LEG verspricht, dass die Umstellung auf Contracting kostenneutral erfolgt. Der Haken dabei ist, dass die LEG gar nicht weiß, wie hoch die Kosten der Mieter:innen bislang waren. Diese werden geschätzt und extrem hoch angesetzt. Wir konnten in Münster für ein komplettes Haus die realen Kosten berechnen und sehen, dass die LEG etwa doppelt so hohe bisherige Kosten annimmt. Somit ist die Umstellung auf Contracting nicht kostenneutral, sondern führt zu einer Verdoppelung der Wärmekosten. Hinzu kommt, dass durch einen sparsamen Verbrauch kaum Kosten eingespart werden können, da der verbrauchsunabhängige Grundpreis mit rund 1,70 Euro pro Quadratmeter und Monat sehr hoch ist. Selbst wenn ich die Wärmepumpe nicht anschalte, zahle ich für eine 80 Quadradmeter große Wohnung 136 Euro pro Monat.
Was sind die Kritikpunkte am Vorgehen der LEG?
Neben den extrem hohen Kosten befürchten die Mieter:innen Einbußen beim Wohnkomfort. Denn vor allem in schlecht gedämmten Gebäuden ist fraglich, ob die Geräte die Wohnung richtig warm bekommen.
Wie müsste die LEG vorgehen, damit die neuen Anlagen für Mieter:innen wirklich kostenneutral betrieben werden?
Als erstes muss die LEG anerkennen, dass ihre Schätzungen zu den bisherigen Kosten völlig an der Realität vorbeigehen. Nach einer kritischen Berichterstattung sehen wir hier auch Bewegung bei der LEG. Sie ist nach eigener Aussage bestrebt, eine wirklich kostenneutrale Umstellung zu garantieren. Der DMB NRW ist dazu mit der LEG in Gesprächen und setzt sich dafür ein, dass bei allen 20.000 betroffenen Haushalten die Wärmekosten nicht steigen.
Haben Mieter:innen nicht auch Vorteile durch die neuen WP?
Potentiell können die Geräte im Sommer auch kühlen. Das ist komfortabel, aber mit zusätzlichen Kosten verbunden.
Was ist Mieter:innen zu raten, wenn sie eine Ankündigung bekommen, dass ihre Wohnung
auf die Luft-Luft-WP umgestellt werden soll?
Sie sollten sich umgehend an den zuständigen DMB-Mieterverein wenden oder direkt an den DMB NRW. Anhand der bisherigen Abrechnungen können wir prüfen, ob die Umstellung kostenneutral erfolgt. Zusammen mit den Nachbar:innen kann man auch gegen einen Konzern wie die LEG einiges bewirken.
Was Mieter:innen jetzt wissen und tun sollten?
Funktionsweise einer Luft-Luft-Wärmepumpe
Luft-Luft-Wärmepumpen funktionieren ähnlich wie ein Kühlschrank – nur umgekehrt: Sie entziehen der Außenluft Wärme und geben sie über Wandgeräte direkt als Warmluft an die Räume ab. Dabei ersetzen sie klassische Heizkörper. Im Sommer können sie auch kühlen – was komfortabel, aber kostenintensiv sein kann.
Vorteile
– Klimafreundlich, weil keine direkte Verbrennung fossiler Energien.
– Zusätzliche Kühlfunktion möglich.
– Weniger wartungsintensiv als viele andere Systeme.
– Unabhängigkeit von Gaspreisen.
Nachteile & Herausforderungen
– Strombetrieb: Kosten schwanken mit dem Strompreis.
– Weniger effizient bei niedrigen Außentemperaturen.
– Neues Heizverhalten durch Warmluft statt Heizkörper.
– Betriebsgeräusche innen und außen möglich.
Was bedeutet das für Mieter:innen?
Auch ohne Nutzung fallen monatlich feste Kosten an. Achten Sie auf transparente Verbrauchserfassung. Lassen Sie sich beraten, ob und wie Kosten umgelegt werden dürfen. Wärmecontracting bindet Mieter:innen an einen Anbieter – für bis zu 15 Jahre. Schließen Sie sich mit Nachbar:innen zusammen und suchen Sie frühzeitig Unterstützung.
Unser Tipp
Wer Post zur geplanten Umrüstung erhält, sollte sich umgehend an den örtlichen Mieterverein wenden – z.B. den Mieterverein Bochum – um zu prüfen, ob die Umstellung wirklich im Sinne der Mieter:innen erfolgt.