Winterpflichten

Zumindest in den Großstädten haben weiße Straßen und glatte Gehwege mittlerweile richtig Seltenheitswert bekommen. Und oft taut die ganze Pracht schnell wieder weg. Das geht meist schneller, als es den schlitten- oder schneemannbegeisterten Kindern lieb ist. Verlassen sollte man sich als Mieter:in jedoch lieber nicht darauf, wenn man vor unliebsamen Folgen sicher sein will. Die Vernachlässigung der Räum- und Streupflicht kann teuer werden, wenn jemand auf glatten Wegen zu Schaden kommt. Wer die folgenden Tipps beherzigt, kommt aber nicht so leicht ins Schleudern.

Wer muss räumen?

Zunächst einmal: Zu Besen und Schneeschaufel müssen Mieter:innen nur dann greifen, wenn es der Mietvertrag ausdrücklich so vorsieht. Meist steht das in der Hausordnung. Denn eigentlich ist das Schneeräumen Aufgabe der Kommunen. Die haben sie aber in ihren Ortssatzungen auf die Hauseigentümer abgewälzt. Und diese meist per Mietvertrag auf ihre Mieter:innen. Ohne eine (miet-)vertragliche Regelung gibt es keine Pflicht zum Winterdienst – und zum Laubfegen im Herbst übrigens auch nicht!

Ist die Räumpflicht wirksam auf die Mieter:innen abgewälzt, muss die Regelung halbwegs gerecht sein. Üblich – aber keineswegs gerecht – sind Regelungen mit wöchentlichem Wechsel. Hier ist es reine Glücksache, ob es grade in der Woche, in der man selber dran ist, schneit oder nicht. Gerechter sind „Schneekarten“, die jeweils von einem Mieter an die andere Mieterin weitergereicht werden, wenn tatsächlich geräumt werden musste. Allerdings haben Sie den Nachteil, dass man schlechter planen kann, wenn man einen oder mehrere Tage nicht da ist. Aber auch Regelungen, nach denen nur die Parterre-Mieter:innen Schnee räumen müssen, die anderen dafür andere Pflichten übernehmen, sind keineswegs selten.

Schwierig wird es, wenn einige Mieter:innen mit älteren Mietverträgen nicht zum Winterdienst verpflichtet sind, während bei später hinzugezogenen Mieter:innen eine entsprechende Klausel im Mietvertrag steht. Hier gilt: Das mag ungerecht sein, aber Vertrag ist Vertrag. Der Vermieter hat nämlich keine Möglichkeit, von den Mietern ohne Räumpflicht eine nachträgliche Änderung des Mietvertrages zu verlangen. Allerdings heißt das nicht, das nun die Mieter:innen mit Schneeklausel im Vertrag für die ohne Klausel mit räumen müssen. Denn statt derer ist der Vermieter selber dran.

Das Gleiche gilt übrigens, wenn im Hause eine oder mehrere Wohnungen leer stehen. Statt der fehlenden Mieter:innen müssen keineswegs die übrigen entsprechend öfter räumen, sondern der Vermieter springt ein. Schließlich fällt der Leerstand in seinen Verantwortungsbereich: Entweder ist er gewollt, oder er ist zumindest sein geschäftliches Risiko.

Vor allem in größeren Wohnanlagen wollen Vermieter ein solches Risiko nicht eingehen, und regeln den Winterdienst von vorn herein hauptamtlich. Oft ist dann zum Beispiel der Hausmeister fürs Schneefegen zuständig. Die Kosten für diesen Winterdienst werden dann natürlich auf die Mieter:innen umgelegt: Sie tauchen in der Nebenkostenabrechnung auf. Das ist auch zulässig, wenn es im Mietvertrag so vereinbart wurde.

Immer wieder gibt es auch Streit über die Frage, ob ältere Mieter:innen noch zum Schneeräumen verpflichtet werden können, wenn sie körperlich dazu nicht in mehr in der Lage sind. Die Mehrzahl der Gerichte – auch die in unserem Vereinsgebiet – urteilt hier: Ja, auch ältere Menschen können sich zumindest selbst um eine Vertretung bemühen. Sie können nicht automatisch erwarten, dass ihre Verpflichtung von Nachbarn übernommen wird.

Was – wann – wie?

Was geräumt werden muss, bestimmt auch der Mietvertrag bzw. die Hausordnung: Meist der Gehweg vor dem Haus, der Weg zur Haustür und zu den Mülltonnen, manchmal auch zu den Garagen. Mit dem Schnee-zur-Seite-Schieben ist es oft nicht getan, hinterher muss gestreut werden. Dabei sind Auftau-Salze allerdings streng verboten – zu Recht, denn sie gelangen ins Grundwasser, machen Pflanzen kaputt! Granulat, Asche oder Sand sind ohnehin besser, denn sie wirken auch dann noch, wenn es Stunden später erneut friert. Achtung: Das Salzstreu-Verbot sollte man ernst nehmen – es droht Bußgeld!

Wann geräumt werden muss, steht meist auch im Vertrag, sonst aber in der Ortssatzung: Meist morgens ab 7.00 Uhr bis abends um 20.00 Uhr, normalerweise aber erst nach Ende des Schneefalls. Nur bei Dauerschneefall muss das Räumen im Laufe des Tages (nicht nachts!) wiederholt werden, und zwar auch von berufstätigen Mietern. Können sie der Pflicht nicht selbst nachkommen, müssen sie für Vertretung sorgen!

Das Räumgerät – Besen und Schneeschaufel sowie Streumaterial – muss normalerweise der Vermieter stellen, auch wenn der Mieter / die Mieterin zum Räumen verpflichtet ist. Etwas Anderes müsste wiederum vereinbart sein. Eine solche Vereinbarung kann allerdings auch in einer jahrelangen Übung zu sehen sein.

Haftung

Die Vernachlässigung der Räum- und Streupflicht kann teuer werden: Kommt jemand auf dem ungeräumten Gehsteig zu Schaden, können Mieter:innen wegen fahrlässiger Körperverletzung zur Verantwortung gezogen und zu Schadensersatz verurteilt werden. Das ist allerdings kein Freibrief für eilige Passanten: Man muss sich schon vorsichtig bewegen, wenn man sieht, dass nicht geräumt worden ist. Zur Sicherheit sollte man die Räumpflicht trotzdem ernst nehmen und lieber einmal zu viel als zu wenig fegen. Denn die Gerichte sind bei der Auslegung der Räumpflicht ziemlich streng.