Mieterverein Bochum - Nr. 70

Mieterforum IV / 2022 13 ::: Bochum Haldenstraße 47 besetzt Seit dem 15. Oktober ist in Bochum wieder ein Haus besetzt – die seit vielen Jahren leerstehende Haldenstraße 47. Die Polizei rückte noch am gleichen Abend mit zwei Hundertschaften an, zog aber wieder ab, weil von der Besitzerin des Gebäudes gar keine Stafanzeigen erstattet worden waren und kein Räumungsantrag vorlag. Die Besitzerin ist die Diakonie Ruhr, also jene Einrichtung der evangelischen Kirche, die in Bochum unter anderem zuständig ist für Obdachlosenbetreuung. Und die lud die Besetzer:innen zu sich ein und erzielte in einem einstündigen Gespräch eine Einigung. Sie wird keine Räumung des Gebäudes beantragen. Stattdessen soll es “vertrauensbildende Maßnahmen” und ein “Rotes Telefon” geben. Die Sprachregelung lautet: “Die Situation kann andauern.” Allerdings nur bis Februar 2023, denn dann soll an gleicher Stelle ein neues Behindertenwohnheim errichtet werden, um Ersatz für das marode Ruhrlandheim in Stiepel zu schaffen. Die Besetzer:innen betonten, dem nicht im Wege stehen zu wollen und die „Haldi 47“ rechtzeitig zu räumen. Es ginge ihnen um eine “Zwischennutzung”: Eine solidarische WG für Menschen mit geringem Einkommen, Schlafplätze für Menschen mit kurzfristigem Unterkunftsbedarf und Raum für nachbarschaftlichen Austausch – Ziele, wie sie die Diakonie auch selbst verfolgt. Der Mieterverein begrüßt die Besetzung, denn sie legt den Finger in eine offene Wunde in dieser Stadt: Wohnungsmangel auf der einen Seite, Leerstände und Schrottimmobilien, um die sich die Stadt nicht wirklich kümmert, auf der anderen. Seit Jahren fordert der Mieterverein, dass die Stadt sich mehr um den Wohnungsbestand kümmert, statt einseitig auf Neubau zu setzen – bisher vergeblich. Erbbaurecht fristet noch Nischendasein Im August vorigen Jahres hat der Rat der Stadt Bochum beschlossen, städtische Grundstücke für den Wohnungsbau künftig vorrangig in Erbpacht zu vergeben und nicht mehr zu verkaufen (wir berichteten). Jetzt hat die Fraktion Die Linke im Rat nachgefragt, wie die Vergabepraxis seither aussieht. Die Antwort der Verwaltung fällt ernüchternd aus. Zwischen Oktober 2021 und Oktober 2022 hat die Verwaltung neun städtische Grundstücke vermarktet, davon nur drei im Wege des Erbbaurechts, sechs zum Verkauf. In je einem weiteren Fall hat die Vermarktung nicht geklappt, und das Grundstück muss neu ausgeschrieben werden. Nach den Gründen gefragt, gab die Verwaltung an, dass Grundstücke für Einfamilienhäuser und solche „ohne strategische Steuerungsnotwendigkeit“ auch nach dem Beschluss „Neuausrichtung der Bodenpolitik“ von August 2021 weiterhin vorrangig verkauft werden sollen. Bei drei der sechs Verkaufsfälle handelt es sich tatsächlich um Grundstücke für Einfamilienhäuser. Auf den drei anderen werden dagegen Mehrfamilienhäuser errichtet, eines mit 30% Sozialwohnungen, eines mit 50%. Zum Vergleich: Auf zwei der drei Grundstücke, die im Erbbaurecht vergeben wurden, entstehen zu 100% Sozialwohnungen. Und warum an einem Grundstück in der Kortumstraße, auf dem ein Mehrfamilienhaus ganz ohne Sozialwohnungen gebaut werden soll, kein strategisches Interesse besteht. scheint zumindest fraglich.

RkJQdWJsaXNoZXIy NDcxMjk=