Mieterforum IV / 2022 5 ::: Mieter:in & Vermieter:in Fortsetzung von Seite 4 Kein Einzelfall Sehr ähnlich erging es den Eheleuten Ursula und Thomas Fey am Amtsplatz 6. Auch ihr Haus wurde 2017 von der Firma Lietmeyer übernommen, und auch bei ihnen gab es strittige Nebenkosten und eine Mieterhöhung, der sie – nach Beratung durch den Mieterverein – nicht zugestimmt hatten. Es folgte das gleiche Spiel wie bei Martin Müller. Die Firma Lietmeyer verweigerte sich jeder Klärung der strittigen Sachverhalte und schickte stattdessen Mahnungen mit immer höheren Summen. Als das Ehepaar am 29. September 2020 aus einem Urlaub zurückkam, fand es seine Wohnungstür versiegelt. „Melden Sie sich unverzüglich beim Forderungsmanagement“ hieß es da unter dem Siegel der Firma Lietmeyer. Peinlich sei das gewesen, sagt Ursula Fey. „Wir wohnten Parterre und alle Nachbarn sahen das. Man kommt nach Hause und alle sprechen einen darauf an.“ Im Januar 2022 zogen auch die Eheleute Fey in ein anderes Haus in der Nachbarschaft. Den unmittelbaren Drangsalierungen sind sie damit ebenso entronnen wie Martin Müller. Der Streit ums Geld aber ist damit nicht erledigt. Auf Zahlung geklagt hat Lietmeyer bisher allerdings nicht. Tür versiegelt: „Alle sahen das.“ Einige sind (un)gleicher Vor 12 Jahren tobte im Malerviertel in Bochum-Weitmar ein erbitterter Kampf um Bäume. Zwei davon, die die Baugenossenschaft Bochum 2010 fällen wollte, stehen heute noch. Und auch einige der Mieter:innen, die sich damals für ihren Erhalt einsetzten, wohnen heute noch an der Menzel-, Dürer-, Schwindt- oder Lenbachstraße. Jetzt hat es dort Mieterhöhungen gegeben, die Einige zum Stirnrunzeln brachten. „Alle Tiere sind gleich, aber einige sind gleicher als andere“, heißt es in George Orwells „Farm der Tiere“. Daran fühlte sich Barbara Elling, Mieterin in der Lenbachstraße, erinnert, als sie die Mieterhöhung ihrer Genossenschaft studierte. 20 % mehr wollte die Baugenossenschaft für ihre Wohnung haben, das war exakt die gesetzlich zulässige Kappungsgrenze, und die Miete lag auch danach noch unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete. Sie wollte schon zustimmen, als sie von Nachbar:innen erfuhr, dass die nur Erhöhungen um 12,50 € bekommen hatten. Für Genossenschaften gilt, anders als für „normale“ Vermieter:innen, ein Gleichbehandlungsgrundsatz. Den sah Barbara Elling als verletzt und fragte deshalb schriftlich nach, bekam aber keine Antwort. Weitere Nachfragen in der Nachbarschaft ergaben, dass sie nicht die Einzige war, die ungleich behandelt wurde. Drei weitere ehemalige „Baumprotestler:innen“ hatten auch Mieterhöhungen bis zur Kappungsgrenze bekommen, die meisten jedoch nur 12,50 €, auch solche mit größeren oder besser ausgestatteten Wohnungen. Barbara Elling entschloss sich, der Mieterhöhung nur bis zur Höhe von 12,50 € zuzustimmen – unter Berufung auf den Gleichheitsgrundsatz. Mieterforum fragte bei der Baugenossenschaft nach. Oliver Krudewig, hauptamtlicher Vorstand, gab Auskunft: „Wir haben uns wegen der enormen Kostensteigerungen zur Anhebung der Nutzungsgebühr entschließen müssen. Dabei haben wir uns jede einzelne Miete angesehen und individuelle Einzelfallentscheidungen getroffen, bei denen auch die Ausgangsgebühr eine Rolle gespielt hat. In vielen Fällen haben wir es bei 12,50 € belassen, aber es gab auch höhere Anpassungen.“ Wenn die Baugenossenschaft die ungleichen Mieterhöhungen durchsetzen will, werden möglicherweise bald Gerichte entscheiden müssen. Denn wenn Mieter:innen einer Mieterhöhung nicht binnen zwei Monaten zustimmen, müssen die Vermieter:innen wiederum binnen drei Monaten entscheiden, ob sie auf Zustimmung klagen – sonst ist das Verfahren hinfällig.
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